Zwei Schulklassen aus der Berufsfachschule für Sozialpädagogische Assistenz am PHF hatten heute die Ehre, dem Zeitzeugen Winfried Schweitzer gegenüberzusitzen und seinen Geschichten über den Bau des Fluchttunnels 57, an dem er 1964 beteiligt war, lauschen zu dürfen.

1964 half Winfried Schweitzer beim Bau des berühmten "Tunnel 57" an der Bernauer Straße. Heute erzählte der Zeitzeuge Schüler*innen der Berufsschule am PFH von der riskanten und lebensgefährlichen Aktion, die am Ende 57 Menschen zur Flucht in den Westen verhalf. 

Schweitzer war 18 Jahre alt, als Berlin 1961 geteilt wurde. Im Wintersemester nach dem Mauerbau begann Winfried Schweitzer an der Bauingenieurswesen an der FH in West-Berlin zu studieren. Den Studienplatz bekam er schnell - auch, weil sich die Ostberliner Student*innen dort nicht mehr immatrikulieren konnten. 

Die Teilung der Stadt war für ihn unerträglich. So wie heute junge Menschen für mehr Klimaschutz auf die Straße gehen, richtete sich sein Protest gegen die Berliner Mauer. Eines Tages wurde er an der FH auf den Tunnelbau angesprochen. Der Fluchthelfer Wolfgang Fuchs rekrutierte gleichgesinnte junge Leute, um beim Bau eines Fluchttunnels zu helfen. Schweitzer machte mit. Namen und jegliche persönliche Details waren tabu. Die Helfer*innen sprachen sich nur mit Spitznamen an - zu groß die Gefahr, aufzufliegen. 

"Die jungen Menschen hier sind so alt, wie ich damals war. Ihnen meine Geschichte von damals zu erzählen, ist für mich sehr besonders." 

Winfried Schweitzer, ehemaliger Fluchttunnelbauer

Den Beginn und die Fertigstellung des Baus bekam Schweitzer nicht mit. Auf die Frage aus der Runde, weshalb, erklärt er, dass jeder damals nur um die drei Wochen im Tunnel mithalf. Die Arbeit im Tunnel war lebensgefährlich, erzählt Schweitzer den Schüler*innen. Zum einen mangelte es dort unten an Sauerstoff. Zum Anderen bestand die Gefahr, dass sich der Tunnel mit Wasser füllt. Und einmal verpassten sie knapp ein Starkstromkabel. "Wenn wir das mit dem elektrischen Bohrer angebohrt hätten, wär's aus mit uns gewesen", resümiert der mittlerweile 80-Jährige. Die Frage von einer Schülerin, ob er für seine Mitarbeit im Tunnelbau Geld bekommen habe, verneint er. Also habe er quasi "ehrenamtlich" geholfen, schlussfolgert die Schülerin. 

Zum Schluss zeigt der Zeitzeuge noch sein persönliches Andenken an die Zeit von damals. Ein Mauerstück habe er sich nicht aufgehoben, daran klebe zu viel Blut. Dafür hebt er sich in einer Zigaretten-Schachtel etwas getrockneten Lehm auf, den er in einer Tiefe von etwa 12 Metern aufgesammelt hatte. 

Das Pestalozzi-Fröbel-Haus bedankt sich aufrichtig bei Winfried Schweitzer für seinen Besuch!