Um mehr über den Kinderschutzmonat November zu erfahren, haben wir uns mit unserer Kinderschutzkoordinatorin Anja Goo getroffen. Bei einem Kaffee gab sie uns einen Einblick in ihre Arbeit, erzählte von ihren Aufgaben und Herausforderungen. Außerdem erläuterte sie uns die Bedeutung des Kinderschutzmonats und welche Maßnahmen in diesem Zeitraum geplant sind.

Seit wann arbeitest Du als Kinderschutzkoordinatorin am PFH?

Ich arbeite seit August 2022 als Kinderschutzkoordinatorin am PFH. Davor war ich drei Jahre im Nachbarschafts- und Familienzentrum Kurmark tätig und habe den Bereich Familienbildung verantwortet.

Nach meinem Studium der Druck- und Medientechnik und diesbezüglichen beruflichen Stationen absolvierte ich hier am PFH eine Erzieher*innenausbildung. Derzeit studiere ich berufsbegleitend Sozialpädagogik- und Management an der Fachhochschule des Mittelstands (FHM).

Welche Aufgaben und Verantwortlichkeiten umfassen Deine Position?

Als Kinderschutzkoordinatorin am PFH ist es meine Aufgabe, den Bereich Kinderschutz zu koordinieren und qualitativ weiterzuentwickeln. Mein Hauptziel besteht darin, das Bewusstsein für Kinderschutz zu schärfen und Wissen in diesem Bereich zu vertiefen. Dazu organisiere ich diverse Schulungen. Wir bieten sowohl interne Schulungen, die von unseren eigenen Fachkräften und mir durchgeführt werden, als auch externe Schulungen in Zusammenarbeit mit Fachberatungsstellen wie zum Beispiel Strohhalm e.V. an.

Ein besonderes Schulungsmaterial ist ein eigener Film zum Thema: Verdacht auf Kindeswohlgefährdung – was tun? Das Drehbuch wurde von uns selbst geschrieben, PFH-Kolleg*innen haben als Schauspieler*innen mitgewirkt, eine externe Firma übernahm die Produktion. Dieser Film wird bei Schulungen eingesetzt, um zu zeigen, wie man bei Verdachtsfällen von Kindeswohlgefährdung vorgehen kann. Er wird auch für Teamschulungen genutzt.

Grundsätzlich stehe ich als Kinderschutzkoordinatorin als Ansprechpartnerin zur Verfügung. Kolleg*innen können mich kontaktieren, wenn sie Fragen zum Thema Kinderschutz haben oder einen Verdachtsfall melden möchten. In solchen Fällen leite ich sie an interne oder externe insoweit erfahrene Fachkräfte weiter oder berate sie als Fachkraft selbst.

Des Weiteren moderiere und koordiniere ich PFH-interne Gremien wie die Kinderschutz AG und das Kinderschutz Forum.

Zudem habe ich unter breiter Beteiligung im PFH, u.a. des Direktors, der SPP- und Bereichsleitungen, der Kinderschutz AG, des Qualitätsmanagements, der Schulleitung und der Personalabteilung, das institutionelle Kinderschutzkonzept für das PFH erstellt.

Und ich nehme am Netzwerk für Kinderschutz in Tempelhof-Schöneberg teil, um mich mit anderen Expert*innen auszutauschen und Kontakte zu vertiefen.

Zum ersten Mal wird am PFH ein Kinderschutzmonat durchgeführt. Was genau steckt hinter dieser Idee?

Diese Idee existiert bereits seit geraumer Zeit und wurde in der Kinderschutz AG entwickelt, einem Gremium, das Vertreter*innen aus verschiedenen Bereichen der Sozialpädagogischen Praxis und Berufsschule zusammenbringt. Im Rahmen dieses Monats möchten wir das Thema Kinderschutz präsent halten und uns in allen Einrichtungen und auf allen Ebenen damit auseinandersetzen. Unser Ziel ist es, dass sich Teams, Fachkräfte, aber auch Kinder und Jugendliche intensiv mit diesem Thema beschäftigen.

Ich habe die Planung des Kinderschutzmonats übernommen und dafür sechs Schulungen für Fachkräfte organisiert. Fünf davon werden von Kolleg*innen des PFH durchgeführt, u.a. zum institutionellen Kinderschutz. Zudem bietet Strohhalm e.V. eine externe Schulung zum Thema "Sexuelle Übergriffe unter Kindern" an.

Im Kinderschutzmonat sollen die Teams ihre Arbeit reflektieren und prüfen, welche Maßnahmen sie bereits im Bereich Kinderschutz umgesetzt haben und welche weiteren Schritte erforderlich sind.

In jeder Einrichtung gibt es einen Kinderschutzordner mit umfangreichem Material zu diesem Thema, einschließlich Verfahrensabläufen. Es werden auch spezielle Schulungen angeboten, um sicherzustellen, dass alle Teammitglieder über den Inhalt des Ordners informiert sind und wissen, wie sie darauf zugreifen können.

Des Weiteren sollen die Einrichtungen vor Ort Aktionen für Kinder und Jugendliche planen und durchführen. Dabei können bspw. Themen wie Kinderrechte, das Setzen und Wahren von Grenzen behandelt werden.

Einige Einrichtungen arbeiten bereits an konkreten Angeboten. Der Kiezanker in Kreuzberg bietet jeden Freitag einen Workshop zum Thema: „Mit Kindern über Drogen sprechen“ an und Mitarbeiter*innen aus der Kita Belziger Str. haben für Kinder ab 2 Jahren ein Puppentheaterstück zum Thema "Gefühle und Kinderschutz" erarbeitet. Zudem bieten die Bezugserzieher*innen in der Kita Belziger Str. Kinderbesprechungen in Kleingruppen mit Literatur zum Thema "Körper/ Gefühle etc." an.

Welche Maßnahmen planst Du, um sicherzustellen, dass der Kinderschutz in unseren Einrichtungen gewährleistet ist?

Mir liegt sehr daran, Schulungen und Weiterbildungen zu organisieren, um Kolleg*innen zu sensibilisieren und Wissen zu vertiefen. Dabei geht es um die Erkennung von Anzeichen für Kindeswohlgefährdung, das Verständnis verschiedener Formen von Gewalt, den Ablauf bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung, die Bedeutung eines institutionellen Kinderschutzkonzepts für einzelne Einrichtungen und das Führen von schwierigen Gesprächen mit Eltern.

Mein Ziel ist es, die Angst vor dem Thema zu nehmen und Kolleg*innen zu ermutigen, genau hinzuschauen und aktiv zu werden, wenn sie ein ungutes Gefühl haben. Es ist wichtig, ihnen bewusst zu machen, dass sie (verpflichtend) nicht alleine handeln. Im Kinderschutz gilt immer das Vier-Augen-Prinzip - das bedeutet, dass sie sich mit mindestens einem/r weiteren Kolleg*in beraten müssen, und, wenn ein Verdachtsfall vorliegt, sich von einer erfahrenen Fachkraft beraten lassen müssen.

Es geht mir um den Abbau von Unsicherheiten bei Kolleg*innen. Ich möchte sie ermutigen, genau hinzuschauen und bei Bedarf aktiv zu werden. Ich möchte ihnen ein Stück weit die absolut verständliche Unsicherheit nehmen, denn ich weiß, dass jeder Fall anders und nicht immer eindeutig ist. Dennoch ist es wichtig, dass wir uns trauen, bei einem unguten Gefühl aktiv zu werden. Wie eingangs schon erwähnt, biete ich Beratungen an und leite sie gegebenenfalls an andere Fachkräfte weiter.

Wie arbeitest Du mit den verschiedenen Praxiseinrichtungen zusammen, um eine Umsetzung des Kinderschutzkonzepts sicherzustellen?

Wie gesagt, ich unterstütze bei allen Fragen zum Thema Kinderschutz oder Beratungsbedarf bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung. Ich bin da, wenn mich Kolleg*innen kontaktieren, eine Frage haben oder eine Teamschulung zu einem bestimmten Thema wünschen.

Ich habe mich in den meisten Einrichtungen vorgestellt, um mich den Kolleg*innen bekannt zu machen und so die Kontaktaufnahme zu erleichtern.

Besonders im Rahmen des Kinderschutzmonats bin ich proaktiv auf die Einrichtungen zugegangen, um sie auf den Monat und die Maßnahmen hinzuweisen. Dabei habe ich auch auf die PFH-Kinderschutzseite im Intranet verwiesen. Hier können sie sich z. B. für die Schulungen anmelden oder mehr zum Thema erfahren.

Welche Erfolge oder Herausforderungen hast Du bisher in Deiner Arbeit als Kinderschutzkoordinatorin erlebt?

Die SPP-Abteilung (Sozialpädagogische Praxis) des PFH umfasst eine Vielzahl von Bereichen, darunter Kitas, Schulen, Erziehungs- und Familienberatung, Therapeutische Wohngruppen und Schulsozialarbeit. Diese Vielfalt stellt mich vor die Herausforderung, allen Anforderungen gerecht zu werden und mich in jedem Bereich zumindest ein bisschen auszukennen. Das erfordert ein vielfältiges Wissen und einen klaren Durchblick. Zusätzlich stehe ich zudem in gelegentlichem Kontakt mit der Beruflichen Schule, der Personalstelle und der Verwaltung. Es ist schon manchmal herausfordernd, niemanden zu vergessen und den Überblick zu behalten.

Und das Thema Kinderschutz an sich ist kein einfaches Thema, es geht auch manchmal an die Nieren. Eine wichtige Herausforderung ist es daher, sich davon abzugrenzen und das Thema nicht mit nach Hause zu nehmen. Trotzdem empfinde ich meine Arbeit als äußerst sinnvoll und erfüllend. Die Möglichkeit, mich damit zu beschäftigen und einen Beitrag zum Schutz von Kindern leisten zu können, gibt mir große Zufriedenheit.

Ein Erfolg, auf den ich stolz bin, ist die positive Resonanz auf unseren selbst entwickelten Film zum Thema Kinderschutz. Es wurde gut aufgenommen und hat dazu beigetragen, das Bewusstsein für das Thema zu schärfen. Ein weiterer Erfolg ist die schrittweise Implementierung des institutionellen Kinderschutzkonzepts in unseren Praxiseinrichtungen.

Ich wünsche mir, dass sich noch mehr Kolleg*innen Zeit für Schulungen zum Thema Kinderschutz nehmen und dadurch sicherer im Umgang mit möglichen Gefährdungssituationen werden. Mein Anliegen ist es, allen Mitarbeitenden das Thema bewusst zu machen und ihnen zu vermitteln, wann genau sie aktiv werden müssen.

Es erfüllt mich mit Freude und Dankbarkeit, wenn ich sehe, dass das Thema Kinderschutz im Kollegium des PFH auf großes Interesse stößt. Bei meinen Besuchen in den Teams oder während Schulungen spüre ich, dass allen Mitarbeiter*innen das Wohl der Kinder am Herzen liegt. Dies motiviert mich zusätzlich in meiner Arbeit und bestärkt mich darin, weiterhin für den Kinderschutz einzutreten.

Vielen Dankt für das Gespräch!

Interview: Özlem Cinar, Pestalozzi-Fröbel-Haus, Berlin im Oktober 2023