Die BAUSTELLE als Ort urbaner Veränderung und Metapher für Prozess und Entwicklung ist der Ausgangspunkt unseres experimentellen interdisziplinär-künstlerischen Kooperationsprojekts mit Jugend im Museum e.V. und dem Bauhaus-Archiv/Museum für Gestaltung.

Auf einer Baustelle sind Dinge sichtbar, die sonst verborgen sind: Tiefe Erdschichten, Versorgungswege mit Energien und Rohstoffen, Konstruktionen und Materialien, wie eine Art Wimmelbild erscheinend, das Kindern verschiedene Perspektiven ermöglicht und Interessen wecken kann. Darüber hinaus entstehen Fragen zu dem Davor und Danach. Wo sind die Tiere, die dort zu Hause waren? Was passiert mit dem ganzen Müll?

Über siebzig Kita- und Grundschulkinder zwischen fünf und acht Jahren erforschten im Projekt ihre Stadt, ihren Kiez und unterschiedliche Lebensräume von Menschen, Tieren und Pflanzen. Sie untersuchten Phänomene von Verdichtung und Verengung, Ein- und Ausgrenzung und reflektieren Zugänge zu privatem und öffentlichem Raum.
Die Baustelle des Bauhaus-Archiv/Museum für Gestaltung war Inspiration und Startpunkt von mehrtägigen Workshop-Reihen mit fünf Kindergruppen aus vier PFH-Einrichtungen. Architektur und Natur - Formen künstlichen und natürlichen Wachstums:
Ort und Thema boten Anlässe, darüber nachzudenken, wie Lebensräume für Menschen, Flora und Fauna bewahrt und geschützt werden können. 

Raum und Ressource
Eine Baustelle beschreibt einen Ort, an dem zielgerichtete Baumaßnahmen stattfinden. Im übertragenen Sinn steht der Begriff auch für einen niemals zu erreichenden, endgültigen Zustand. Ein ähnlicher Widerspruch findet sich in der Architektur, die für eine Zukunft geplant ist, die noch nicht bekannt ist, aber bereits mitgestaltet wird. Erwachsene entscheiden über Raum und Ressourcen und geben die Verantwortung an die Kinder und die nächsten Generationen weiter, Klimakrise und Generationskonflikt gehören zusammen. 

Gemeinschaftliche Lebensräume
Im Nutzen und Erobern des öffentlichen Raums positionierten sich die Kinder und hinterfragten das Verhältnis von Mensch und Natur. Sie erprobten und experimentieren mit Materialien und deren Nachhaltigkeit und nutzten digitale Medien. Sie drückten sich künstlerisch mit ihrem Körper aus, eigneten sich Räume an und spielten mit Maßstäben, um ihre Ideen zu visualisieren.
In einem Spannungsfeld vom Experimentieren mit analogen Materialien und digitalen Werkzeuge erfanden die Kinder assoziativ eigene Bilder, erforschten Raum durch Bewegung, erarbeiten Soundcollagen, entwickelten Spielverläufe und richteten ihre eigenen Baustellen ein. Im künstlerischen Spiel drückten sie ihre Gedanken aus und nahmen ihr Recht auf Raum und Mitgestaltung in Anspruch. Begleitet wurden sie in diesem Prozess von sieben interdisziplinär arbeitenden Künstler*innen.

Zum Projektende im Sommer 2023 traffen sich alle Kinder zu den Montagetagen im JugendKulturZentrum PUMPE in der Lützowstraße in der direkten Nachbarschaft der Museumsbaustelle des Bauhaus-Archivs. Hier stellten sie sich gegenseitig ihre Entdeckungen vor.

Projekte

Lärm-Skulptur, die Melodie der Baustelle
Alexandre Decoupignyund Claire Fristot
Kita Barbarossastraße
Stefanie Brandt und Mirja Witzke

Lärm-Skulpturen / Foto: Claire Fristot

Das Projekt nahm den Zustand der Baustelle des Bauhaus-Archivs/Museum für Gestaltung als Ausgangspunkt. Kinder der Kita Barbarossastraße sammelten dort auditive und visuelle Erscheinungen, auf denen das Projekt basierte.
Der Lärm, der am prominentesten erscheinende Aspekt der Baustelle, wurde schrittweise und künstlerisch von seiner alltäglichen Problematik entkoppelt.
Die Kinder entwickelten und bauten Lärm-Skulpturen mithilfe verschiedener, von ihnen kombinierten und verbundenen Materialien. Diese lernten sie zu bespielen und erzeugten damit eigene Klänge. Ausgestattet mit Kontakt-Mikrofonen wurden mechanische Schwingungen in den unterschiedlichen Materialien in Geräusche übersetzt.
Individuell und in den Gruppen wurden mit den Rhythmuskonstruktionen experimentiert und Lärm produziert.  Was ist überhaupt Lärm, was ist Rhythmus?

Helmreise
Barbara Antal und Atefeh Kheirabadi
Kita Belziger Straße
Andrea Nitsche und Sven Adams

HelmreiseEbenso wie sich das Bauhaus der experimentellen Untersuchung unterschiedlicher Materialqualitäten widmete, erforschte das Projekt digitale Werkzeuge sowie Form und Bewegung als Gestaltungsmaterialien kultureller Bildung in der Kita.Die Baustelle repräsentiert einen Ort, wo nur durch die Zusammenarbeit eines multiprofessionellen Teams etwas Neues und Ganzes entsteht. Das gleiche galt für die Kita Belziger Straße und das Drehteam, das sich dort in der Projektarbeit zusammengefunden hat. Inspiriert wurde die Gruppe von dem YouTube-Livestream der Baustelle des Bauhaus-Archivs und den dort sichtbaren Bewegungen von arbeitenden Menschen, dort lebenden Tieren und eingesetzten Fahrzeugen.
Die Kinder lernten nach und nach, wie Animationsfilme funktionieren und wie sie die Technik benutzen können. Sie entwickelten eine eigene Baustellen-Geschichte, zeichneten und bauten Figuren und Hintergründe, erzählten und ließen in einem gemeinsam produzierten Stopp-Motion-Film einen Helm auf Reise gehen.


Kinesphäre
Theresa Diehl, Alexandre Decoupigny und Claire Fristot
Ganztagsbetreuung der Schinkel-Grundschule
Maren Scheeder

Kinesphäre / Foto: Claire Fristot

Die Kinder der Ganztagsbetreuung der Schinkel-Grundschule beschäftigten sich mit dem Raum und dessen Wahrnehmung.
Ausgehend von der Erfahrung der Kinesphäre (dem Umraum des Körpers) wurde der persönliche Raum durch die Wahrnehmung des Außenraums geöffnet. Gemeinsam wurden diese Räume, das Innen und Außen, die Enge und die Weite durch Bewegung erforscht. Körperformen, die Verbindungen zur Baustelle aufweisen, wurden gesucht und erprobt. Sind diese Formen bereits fertig oder noch im Entstehungsprozess? Was passiert, wenn sich eine Form an eine andere anpasst?
Im Wechsel wurden die Workshops visuell und audiovisuell begleitet. Durch Bewegungen entstanden Bilder, durch den Einsatz von Sound wurde der eigene Hörradius und -raum untersucht und verändert. Wie weit können wir hören? Wie verändert der Raum die Akustik und dadurch vielleicht auch die Bewegung?

Der Bau. Tierarchitekturen in Schlossgarten
Verena Cremer und Carsten Cremer
Kita Haubachstraße
Daphne Wischhöfer und Nils Müller

Im Himmel laufen / foto: Daphne Wischhöfer

Auch Tiere bauen: Sie legen Höhlen an, nutzen Bestand z.B. in Form von Baumhöhlen und bauen Nester aus vorgefundenen Materialien.  
Die Kinder der Kita Haubachstraße erforschten im Projekt sowohl ihre Architekturen als auch die eingesetzten Materialien. Ausgehend vom Sozialraum (wer baut im Schlosspark?) fotografierten sie Tierbauten über und unter der Erde und untersuchten diese an Modellen, die sie selber modellierten und formten.
Nehmen Menschen mit ihren Bauten den Tieren ihren Lebensraum weg?
Ressourcen sind endlich, und je mehr Fläche vom Menschen bebaut und versiegelt wird, desto weniger bleibt für Tiere, Insekten, Organismen. Wem gehört der Schlosspark? Wer darf da bauen? Und vor allem: Wer baut da alles?  Kann soziales Bauen - im Sinne des Bauhauses – auch aus dieser Perspektive gedacht werden?
Die Kinder gestalteten mit Stempeln gemeinsam ein großes Bild mit Tieren und Tonaufnahmen, in denen die Kinder die von ihnen entdeckten Lebensräume beschreiben.

Kooperation

Die langjährige Zusammenarbeit der Kooperationspartner zeichnet sich durch eine Beteiligungsstruktur aus, in der sich alle Akteur*innen auf Augenhöhe begegnen. Der Austausch zwischen Kindern, pädagogischen Fachkräften und Künstler*innen ist fest verankert. Die Kinder sind die Ideengeber*innen, ihre Gedanken und Ideen bestimmen
die Planungen, Aktionen und den Projektverlauf.

Bauhaus_RaumLabor ist eine Kooperation vom Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung, Jugend im Museum e.V. und dem Pestalozzi-Fröbel-Haus.

Logoleiste Bauhaus_RaumLabor 2020

Bauhaus_RaumLabor Baustelle wird gefördert durch den Berliner Projektfonds Kulturelle Bildung.

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