Am 18. November fand im Rahmen des PFH-Kinderschutzmonats eine wichtige Fortbildung zum Thema „Inklusiver Kinderschutz“ statt. Die Veranstaltung unterstrich das klare Engagement des PFH, pädagogische Fachkräfte in ihrer täglichen Arbeit zu stärken.

Referentin Agnes Hansen (Dozentin der Fachschule für Sozialpädagogik am Pestalozzi-Fröbel-Haus) vermittelte praxisnah, wie sexualisierte Gewalt gegenüber Kindern mit kognitiven Beeinträchtigungen und Lernschwierigkeiten erkannt werden kann. Die Fortbildung zielte darauf ab, das Bewusstsein für inklusiven Kinderschutz zu stärken, gemeinsam konkrete Handlungsansätze zu entwickeln und so fachliche Kompetenz mit gesellschaftlicher Verantwortung zu verbinden. Dabei leistete sie einen wichtigen Beitrag zur Sensibilisierung und Professionalisierung des pädagogischen Feldes. Zugleich stärkt das PFH sein Profil als Bildungsort, an dem Kinderschutz aktiv gelebt und kontinuierlich weiterentwickelt wird.

Warum inklusiver Kinderschutz so wichtig ist

Kinder und Jugendliche mit kognitiven Beeinträchtigungen sind einem höheren Risiko ausgesetzt, Opfer sexualisierter Gewalt zu werden. So macht zum Beispiel eine Studie des Bundesfamilienministeriums von 2021 deutlich, dass Frauen mit Behinderung in ihrer Kindheit oder Jugend zwei- bis dreimal häufiger sexualisierte Gewalt erfahren als der Bevölkerungsdurchschnitt (BMBFSFJ, 2021).

Dennoch werden Betroffene häufig nicht ernst genommen oder stoßen auf Unglauben, wenn sie von ihren Erfahrungen berichten. Die Ursachen dafür liegen unter anderem in einer komplexen Wechselwirkung verschiedener Diskriminierungsformen wie Ableismus, Sexismus, Rassismus und Klassismus (mehr zum Thema: hilfe-portal-missbrauch.de).

Im Seminar wurde die Problematik sexualisierter Gewalt gegen Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen anhand eines aktuellen Fallbeispiels besprochen. Dabei ging es um eine 28-jährige Frau aus Berlin, die 2024 erfolgreich Verfassungsbeschwerde vor dem Landesverfassungsgerichtshof Berlin einlegte. Sie hatte 2020 ihren Vorgesetzten in einer Werkstatt wegen sexueller Belästigung angezeigt. Die Berliner Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen jedoch mit der Begründung ein, die Betroffene sei aufgrund ihrer kognitiven Beeinträchtigung nicht in der Lage gewesen, eine glaubhafte Aussage zu machen (Weibernetz e.V., 2025).

Prävention und Schutzkonzepte in der Praxis

Im Seminar reflektierten die Teilnehmenden aus verschiedenen Arbeitsfeldern gemeinsam, worauf im Umgang mit Kindern mit kognitiven Beeinträchtigungen geachtet werden muss und welche Herausforderungen für Fachkräfte in diesem Kontext entstehen können. Es wurden erste Vorschläge erarbeitet, wie ein professioneller Umgang mit diesem Thema in Einrichtungen gestaltet werden kann und was dabei bedacht werden sollte:

  1. Fortbildung und Sensibilisierung: Regelmäßige Weiterbildung, um Fachwissen aufzufrischen und sich selbst zu reflektieren
  2. Schaffung sicherer Strukturen: Entwicklung eines Schutzkonzepts mit klaren Maßnahmen, beispielsweise einem Kriseninterventionsplan, klar benannten Ansprechpersonen sowie einem Verfahren zum Umgang mit Verdachtsfällen
  3. Dokumentation: Sachliche und genaue Aufzeichnung ungewöhnlicher Verhaltensweisen und wörtlicher Aussagen der Kinder
  4. Empowerment: Stärkung und Aufklärung der Kinder in einfacher Sprache über den eigenen Körper und Grenzen sowie Prinzipien wie „Nur Ja heißt Ja“ und „Ja“ kann auch „Nein“ werden
  5. Externe Beratung und Vernetzung: Zusammenarbeit mit spezialisierten Beratungsstellen und Fachdiensten
  6. Regelmäßige Überprüfung: Schutzkonzepte sollten regelmäßig überprüft und an neue Erkenntnisse oder sich entwickelnden Bedürfnisse von Kindern angepasst werden)

Die Fortbildung betonte auch, wie wichtig Selbstfürsorge für Fachkräfte ist. Dazu zählen kollegiale Fallberatungen, spezialisierte Fachberatung für Menschen mit Beeinträchtigungen sowie externe Fachsupervisionen, um emotionaler Belastung entgegenzuwirken.

Weiterführende Fachtexte & Aufklärungsangebote