Wenn Kinder den Bienen begegnen, sind einige von ihnen wie ausgewechselt, erzählt Susanne Munk. Die Sozialpädagogin arbeitet im Bereich Natur- und Werkpädagogik der Sternberg-Grundschule und betreut mit ihrem Kollegen Arezki Keddam eine Imkerei.

Plötzlich macht die Schule Spaß

Susanne Munk denkt gern an den Moment vor einigen Wochen zurück, als Ferdinand* zum ersten Mal in Kontakt mit den Bienen kam. Ferdinand, sonst ein wilder und oft unruhiger Junge, wurde plötzlich ganz still. Zuerst stand er lange vor den Bienenstöcken und sah den umhersummenden Bienen einfach nur zu. Als es dann daran ging, die Bienen auf der Wabe zu betrachten, hielt er die Wabenrahmen. Viele Kinder haben dabei Angst, gestochen zu werden trotz Schutzkleidung und trauen sich an diese Aufgabe nicht heran. Ferdinand aber war ganz ruhig, konzentriert und voll dabei.

Das sind die schönen Momente im Berufsleben von Susanne Munk und Arezki Keddam. Wenn Kinder bei ihnen plötzlich ungeahnte Stärken entdecken, wenn sie Freude entwickeln am Unterricht, wenn ihnen Schule plötzlich Spaß macht.

Die Imkerei ist ein Angebot der Natur- und Werkpädagogik

Natur- und Werkpädagogik ist seit Januar 2021 ein zusätzliches, sozialpädagogisch begleitetes Angebot an der Sternberg-Grundschule. Susanne Munk und Arezki Keddam betreuen Natur- und Werkpädagogische Gruppen für Kinder mit besonderem Förderbedarf, begleiten Klassenprojekte und organisieren sowohl im Vormittagsbereich als auch im Rahmen der Offenen Ganztagsbetreuung offene Angebote. Sie verantworten nicht nur die Imkerei, in der drei Bienenvölker mit je rund 40.000 Bienen leben, sondern sie haben auch einen eigenen Schulgarten eröffnet mit Beeten, in denen Kräuter, Gemüsepflanzen und Blumen wachsen. Derzeit bauen sie mit Kindern das Gartenhaus um und gestalten es neu. Der zertifizierte Imker Arezki Keddam hat außerdem die Aufgabe, die insgesamt sieben schulischen Imkereien in PFH-Einrichtungen als Koordinator zu unterstützen, sie zu beraten und zu schulen.

Die Bienenpflege findet im Rahmen von Sachkunde statt. Eine JÜL-Klasse entwickelte dabei so große Begeisterung, dass sie ihr "Klassenwappen" in eine Biene umwandelten. Susanne Munk und Arezki Keddam kauften der Klasse daraufhin ein eigenes Bienenvolk samt Königin, das jetzt allein von der JÜL-Klasse gepflegt wird. Die Kinder füttern die Bienen mit einer Zuckerwasserlösung als Honigersatz, sie prüfen unter Anleitung, ob die Bienen von Milben oder anderen Krankheiten befallen sind, sie schaben den Honig aus den Waben und füllen ihn in die Gläser. Im Winter werden die Rahmen sowie sonstiger Zubehör gebaut, aus dem Bienenwachs dürfen die Kinder Kerzen ziehen.

Die Ziele: Naturerfahrungen und positive Lernerfolge

Arezki Keddam stellt den Kindern gern auch nebenbei immer wieder Aufgaben: Schätzt doch mal, wie viele Waben befinden sich in der Bienenbeute (Behausung der Bienen, Anm. der Red.)? Was denkt ihr, wie lange braucht eine Biene zum Schlüpfen? Wie weit fliegen die Bienen für ein Glas mit 500 g Honig? (2,5 Mal um die Erde!) Wie viel wiegt eine Bienenbeute? Er erklärt, wie er gemeinsam mit den Kindern die Wabenrahmen baut, sie verdrahtet und die Mittelwände einzieht. "Nebenbei lernen die Kinder hier viel", sagt er. Aber es ist eben eine andere Form des Lernens als im theoretischen Unterricht. Ziel ist, dass die Kinder positive Lernerfolge sammeln, Naturerfahrungen machen und dass soziale Kompetenzen gestärkt werden.

Stolz sind die Kinder, wenn sie ihren Honig endlich in die Gläser füllen können. Danach wird er verkauft, meistens innerhalb der Schule an Kinder, Eltern und Schulpersonal.

*Name geändert

Text: Julia Kocher, Pestalozzi-Fröbel-Haus Berlin, September 2021