In der Rubrik "Auf einen Kaffee mit..." stellen wir Mitarbeiter*innen des PFH vor. Dieses Mal erzählt uns die Koordinatorin des PFH-Europaprofils Monica Brandis über die Chancen, die Erasmus+ bietet.

Warum ist Erasmus+ ein tolles Angebot für die Studierenden und Mitarbeitenden des PFH?

Monica Brandis:
Dass Reisen bildet, ist eine alte Weisheit. Wer im Rahmen einer Ausreise europäische Bildungssysteme vergleichen kann, bringt oft wertvolle Inspirationen mit nach Hause. Manche Teilnehmer*innen beschließen tatsächlich, aufgrund des Praktikums ins Ausland auszuwandern, um dort als Erzieher*in zu arbeiten. PFH-Absolvent*innen leiten zum Beispiel Einrichtungen in Riga und in Bilbao. Genau das ist das Ziel von ERASMUS+ und dem europäischen Gedanken: eine europaweite berufliche Mobilität.
 
Andere hingegen lernen ihr eigenes berufliches Umfeld in Berlin mehr zu schätzen. Hinzu kommt in jedem Fall auch der Kompetenzzuwachs für die Persönlichkeit und die Verbesserung der Fremdsprachenkenntnisse.

Welche Ihrer Reisen hat Sie am meisten beeindruckt?

Monica Brandis: In Island habe ich einen Reggio-Kindergarten besucht. Der Betreuungsschlüssel für die Zwei- bis Dreijährigen ist in Island 14: 4. Die Kinder mit ihren Windelpopos saßen im Kunstraum auf dem Fußboden und entdeckten Farbe und Ton. Das Bemerkenswerteste war die Ruhe und Entschleunigung. In den zwei Stunden, die ich dort verbrachte, weinte nur einmal ein Kind. Welch ein wohltuender Ort für Kinder und Erzieher*innen!

Was lernen Studierende und Mitarbeiter*innen des PFH, wenn sie über Erasmus+ ins Ausland reisen?

Monica Brandis: In erster Linie lernt man vielleicht sich und seine eigenen Bedürfnisse besser kennen. Zudem erlebt man andere pädagogische Konzepte und Haltungen. Nicht zuletzt kann man in eine andere europäische Kultur eintauchen und neue Menschen kennenlernen.

Was sind die Herausforderungen bei so einer Erasmus+-Reise?

Monica Brandis: Für Mitarbeiter*innen ist die erste Herausforderung, präzise zu definieren, was man sich als Wissenszuwachs für die eigene berufliche Praxis wünscht, um dann ein einwöchiges Programm im Ausland zusammenzustellen. In Island, das ich im Frühling besucht habe, weil es ein Ausreisewunsch vieler Studierender war, hatten wir zum Beispiel noch keine Partnereinrichtungen, und die Kontaktaufnahme war relativ schwierig. Immerhin müssen pro Tag mindestens zwei Einrichtungen besucht werden.

Studierende im dreiwöchigen Praktikum haben es einfacher, weil wir aus unserem großen Netzwerk von Partnereinrichtungen jedes Jahr circa acht Länder auswählen, in die die Studierenden dann in Dreiergruppen reisen. Diejenigen, die fünf Monate im Ausland arbeiten, können sich Land und Einrichtung auswählen. Sie berichten dann manchmal von Kulturschock, Heimweh und Anpassungsschwierigkeiten an das pädagogische Konzept vor Ort. Sie stehen aber mit Tutor*innen aus der Schule im wöchentlichen Kontakt.

Alle Ausreisenden schreiben einen reflektierenden Bericht über die Gasteinrichtung und ihre Erfahrungen.

Gibt es ein Land, von dem wir in Deutschland beim Thema Bildung lernen können? Was läuft dort gut, welche Inspirationen können wir hier mitnehmen?

Monica Brandis: Dort, wo frühkindliche Bildung ernst genommen und ein wohlwollender Raum zum Erforschen und Lernen geboten wird, leben in der Regel die glücklichsten und kreativsten Menschen.

Wann mögen Sie Ihre Arbeit besonders?

Monica Brandis: Ich schätze meine Arbeit, wenn ich mit kreativen Menschen spannende Konzepte entwickeln darf.

Wann macht Ihnen Ihre Arbeit keinen Spaß?

Monica Brandis: Ich mag meine Arbeit nicht, wenn die Rahmenbedingungen einem Drama Shakespeares gleichen

Was wünschen Sie sich für die Berufliche Schule des PFH?

Monica Brandis: Meine Vision: Alleinstellungsmerkmal der beruflichen Ausbildung am PFH wird, dass alle Studierenden mindestens eines ihrer Praktika im europäischen Ausland absolvieren!

Was machen Sie in Ihrer Freizeit, um zu entspannen?

Monica Brandis: Qi Gong und Yoga, lesen, schreiben, wandern, gärtnern und mit Freund*innen und Familie über das Leben philosophieren, gerne begleitet von einem guten Essen.

Ein Lieblingsbuch?

Monica Brandis: Ich bin in der anglophonen Literatur zuhause: Zadie Smith, Bernardine Evaristo, Curtis Sittenfeld, Jonathan Franzen, Amy Tan Barbara Kingsolver, Arundhati Roy, um nur einige zu nennen. Ich finde insbesondere Autor*innen spannend, die kulturell „fuzzy“ sind, also aus transkulturellen Zusammenhängen stammen.

Eine gute Fee erscheint und erfüllt Ihnen drei Wünsche. Was sagen Sie ihr?

Monica Brandis: Für die Welt wünsche ich mir Frieden, soziale Gerechtigkeit und den Schutz unseres Planeten. Für mich und meine Familie und Freund*innen ein liebevolles Umfeld, Gesundheit und heitere Gelassenheit. Wie gut, dass ich keine Mathematiklehrerin bin und nicht unbedingt bis drei zählen können muss.

Interview: Julia Kocher, Pestalozzi-Fröbel-Haus, Berlin im Juni 2023