
Wenn Kinder Haltung zeigen – eine Szene aus dem Alltag
Ein Kind beobachtet, wie Handwerker im Beet arbeiten und dabei Blumen beschädigen. Sofort protestiert es: „Hey, ihr habt die Blumen umgeknickt.“ Darauf erwidert ein Arbeiter trocken: „Nein, die schläft nur.“ Doch das Kind bleibt standhaft, stemmt die Arme in die Hüften und kontert entschieden: „Nein, die schläft nicht, du hast die kaputt gemacht.“
Diese kleine Alltagsszene steht symbolisch für die Werte, die in Kitas gefördert werden sollten: Selbstbewusstsein, kritisches Denken und die Fähigkeit, für sich und andere einzutreten.
Berliner Bildungsprogramm für Kindertagesstätten - Rückschritt statt Fortschritt?
Das bisherige Berliner Bildungsprogramm hat viel dazu beigetragen, dieses positive Bild von einem mündigen Kind mit Kompetenzen, Bedürfnissen, Interessen und Rechten zu stärken. Es hat seit mehr als 20 Jahren Einfluss auf frühkindliche Bildung im gesamten Bundesgebiet und wurde dabei als progressiv und vorbildhaft wahrgenommen. Der aktuelle Entwurf des Programms für Kindertagesstätten könnte dies gefährden - so unsere Direktorin Henriette Harms und Kita-Leitung Simone Paganin im Interview mit der Berliner Morgenpost.
„Lernen ist ein ganzheitlicher Prozess, der viel mit Autonomie und dem Erleben von Erfolg zu tun hat. Und mit dem Gefühl: Ich bin in Ordnung, so wie ich bin. Der vorliegende Entwurf für das neue Bildungsprogramm gefährdet dieses Prinzip.” - Henriette Harms, Direktorin des PFH
Während es also bislang darum ging, Kinder durch Selbstwirksamkeitserfahrungen zu starken und resilienten jungen Menschen zu erziehen, droht nun eine Zäsur: „Fügsam, artig und gleichgeschaltet sollen die Kinder in den Schulen abgegeben werden“, fasst Simone Paganini zusammen.
Die Umsetzung des aktuellen Entwurfs würde nicht nur modernen entwicklungspsychologischen Erkenntnissen von Entwicklung und erfolgreichem ganzheitlichen Lernen entgegenstehen, sondern auch die gleichberechtigte Teilhabe an kindlichen Bildungsprozessen mit dem Ziel einer inklusiven Bildung und der damit notwendigen Veränderung institutioneller Rahmenbedingungen in Bildungseinrichtungen behindern. Somit wäre der aktuell vorliegende Entwurf ein fachlicher Rückschritt für die Qualitätsentwicklung der Berliner Frühpädagogik.
Frühkindliche Bildung - Warum das Thema uns alle betrifft
Die Debatte rund um das Berliner Bildungsprogramm ist mehr als eine fachliche Auseinandersetzung. Sie berührt die Frage: Welche Werte sollen unsere Kinder in den ersten Lebensjahren erfahren.
Die Szene mit dem Kind und den umgeknickten Blumen zeigt, wie wichtig es ist, Kinder zu ermutigen, kritisch zu denken und für ihre Überzeugungen einzustehen. Das Bildungsprogramm entscheidet mit darüber, ob solche Stimmen in Zukunft gestärkt oder geschwächt werden.
Wir fordern daher eine Überarbeitung und Ergänzung des aktuellen Entwurfs des Berliner Bildungsprogramms unter Einbeziehung aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse, der Beachtung und Umsetzung der UN-Kinderrechts- und Behindertenkonventionen in enger Kooperation mit den bisherigen Wissenschaftlerinnen und Autor*innen des bestehenden Berliner Bildungsprogramms!
Mehr zum Thema erfahren Sie in userer vollständigen Stellungnahme und dem Artikel der Berliner Morgenpost.