Im Rahmen des Kinderschutzmonats fand am 6. November am PFH eine Fachfortbildung zum Thema häusliche Gewalt statt.

Ziel der Veranstaltung, durchgeführt von Alicia Königer (Referentin für häusliche und geschlechtsspezifische Gewalt bei BORA e.V.), war es, die teilnehmenden Fachkräfte zu sensibilisieren und sie mit fundiertem Fachwissen sowie praxisnahen Handlungsstrategien für die Arbeit mit von Gewalt betroffenen Frauen und Kindern auszustatten.

Häusliche Gewalt – eine gesellschaftliche Realität

Häusliche Gewalt ist nach wie vor eine erschreckend weit verbreitete und zugleich tabuisierte Realität in Deutschland. Mindestens jede vierte Frau erlebt im Verlauf ihres Lebens körperliche oder sexualisierte Gewalt in einer Partnerschaft. 360 Femizide allein im Jahr 2023 machen den dringenden Handlungsbedarf deutlich. Dabei bleiben die betroffenen Kinder oft unsichtbar – obwohl sie die Folgen der Gewalt direkt und indirekt mittragen und ein besonderes Augenmerk auf Kinderschutz unerlässlich ist.

Gemeinsam stark für die Umsetzung der Istanbul-Konvention 

Die Fortbildung bot einen umfangreichen Überblick über die wichtigsten theoretischen Grundlagen zum Thema häusliche Gewalt. Anhand aktueller Zahlen, Fakten und Daten wurde die Bedeutung der Istanbul-Konvention beleuchtet. 

Die Istanbul-Konvention ist ein völkerrechtlich bindendes Instrument zur umfassenden Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen. 

Eine grafische Darstellung zu geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt, unterteilt in vier Kategorien:      Physisch: Schubsen, Treten, Schlagen, Freiheitseinschränkung.     Sexualisiert: Sprüche und Bemerkungen, unerwünschte Berührungen, sexuelle Nötigung, Vergewaltigung.     Wirtschaftlich: Arbeitsverbot, finanzielle Kontrolle, Ausbeutung.     Psychisch: Gaslighting, emotionale, soziale und digitale Gewalt, Stalking.
Formen_der_Gewalt,Quelle:BORA_e.V.

In Deutschland ist die Konvention seit dem Inkrafttreten am 1. Februar 2018 geltendes Recht. Dazu gehören Opferschutz, Prävention und Strafverfolgung sowie die rechtliche Gleichstellung der Geschlechter.

Kinderschutz bei häuslicher Gewalt

Ein zentrales Thema der Fortbildung war die Mitbetroffenheit von Kindern und die Auswirkungen der erlebten Gewalt auf ihre Entwicklung (Quelle: Wahren 2023):

  • Kinder als Zeug*innen der Gewalt (führt z.B. zu Ängsten, Schuldgefühlen, Parentifizierung, geringem Selbstwertgefühl, Konzentrationsschwierigkeiten, Gefühlslosigkeit und Rückzug in eine Fantasiewelt)
  • Miterleben begünstigt die Entwicklung von psychischen Störungen und körperlichen Erkrankungen (z.B. Depression, Schlaganfall, Herzerkrankungen oder Suizidalität)
  • Transgenerationale Gewalt: Übertragung der Gewalthandlungen innerhalb eines Familiensystems über mehrere Generationen hinweg
  • Gewalt gegen ein Elternteil ist ein Risikofaktor für Gewalthandeln gegen das Kind

Draus lässt sich schließen, dass häusliche Gewalt auch immer ein Indiz für Kindeswohlgefährdung darstellt. Die Teilnehmer*innen erhielten daher im Rahmen der Fortbildung auch praxisorientierten Input für eine methodische Gesprächsführung mit Kindern (Quelle: Mit Kindern über häusliche Gewalt sprechen, Frauenhauskoordinierung):

  1. Enttabuisierung: „Ich finde es ganz toll, dass du mir das erzählst."
  2. Verantwortungsübernahme durch Erwachsene: „Ich bin für dich da und helfe dir.“
  3. Validierung: „Ich glaube dir.“ und „Ich kann verstehen, dass du Angst hast.“
  4. Positionierung gegen Gewalt: „Das ist nicht erlaubt.“
  5. Transparenz: „Ich werde folgendes tun …“ und „Wir sprechen am … das nächste Mal wieder.“
  6. Vertraulichkeit: „Ich werde nur mit folgenden Personen … darüber sprechen. Mit keiner anderen Person.“ und „Du darfst mit anderen darüber reden, wenn du möchtest.“
  7. Nonverbale Kommunikation: z.B. Bücher über häusliche Gewalt, Kind während des Gesprächs malen oder etwas anderes machen lassen (z.B. Igelball kneten)

Unterstützungsangebote bei häuslicher Gewalt

Abgerundet wurde der Fortbildungstag mit Impulsen für Interventions- und Handlungsstrategien sowie einem Überblick über das Berliner Unterstützungssystem für Gewaltbetroffene (Quelle: BORA e.V.):